Die Entdeckung des Kleinods

Übersetzer und Übersetzerinnen sind es gewöhnt, im Schatten zu stehen. Es gehört zum Beruf dazu, dass man im Hintergrund agiert, mit der Sprache arbeitet, an der Sprache feilt, doch das Produkt, das entsteht, dem soll man das Arbeiten und Feilen nicht ansehen. Die Übersetzung soll voll und ganz das Werk des eigentlichen Autors sein, auch wenn die Übersetzerin einen gehörigen Anteil Kreativität eingebracht hat. Es gehört zur hohen Kunst des Übersetzens, unsichtbar zu bleiben, den Stil des Autors zu treffen, egal ob es sich um eine wissenschaftliche Studie, eine Pressemitteilung oder einen Roman handelt. Und wenn das Ergebnis der Übersetzermühen, der übersetzte Text, als einfach „richtig“ wahrgenommen wird, dann hat die Übersetzerin alles richtig gemacht.

In diesem Fall hat die Übersetzerin alles richtig gemacht, auch wenn sie gar nicht erwähnt wird in der ersten Rezension zu Marina Lioubaskinas „Marinotschka, du bist so zärtlich“. Literaturübersetzer werden wegen ihrer Unsichtbarkeit selten in Rezensionen erwähnt, in der Regel nur dann, wenn dem Rezensenten ein Übersetzungsfehler (oft genug nur ein vermeintlicher) ins Auge springt. Ich freue ich mich jedenfalls sehr über die Besprechung meiner Übersetzung im Schwäbischen Tagblatt vom 18. Mai 2015.

„Ein Kleinod“ nennt der Rezensent Marinas literarisches Debüt, das er auf dem Tübinger Bücherfest entdeckte. Jedes Jahr im Mai gehört Tübingen für drei Tage den Bücherfreunden, den Lesern und den Autoren. Es gibt hunderte Veranstaltungen, Lesungen mit renommierten und unbekannten Autoren. Marina Lioubaskina war in guter Gesellschaft in diesem Jahr, in dem beispielsweise auch Rafik Schami, Nino Haratischwili und  Thomas Brussig aus ihren Werken lasen. Schön, dass Marinas Buch „Marinotschka“, das so lange auf einen Verlag warten musste, der sich traut, nun die ersten Schritte machen und erste deutsche Leser für sich begeistern darf.

Dem Tübinger Rezensenten Peter Ertle jedenfalls hat die Entdeckung gefallen: „Die erotischen Abenteuer dieses Bandes sind allesamt von einer Desillusioniertheit, die von einer zärtlichen Eloge auf die Liebe gar nicht zu unterscheiden ist. Geschriebene Karikaturen, viel russische Seele mit Berliner Schnauzenherzlosigkeit.“

besprechung lesung marina

Vollständige Rezension als PDF: Rezension Schwäbisches Tagblatt, 18.05.2015

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